Patricia: Stefan, Du bist gerade sehr gefragt, was Fährten angeht. Wann fährtet der Hund für Dich optimal?
SM: Ich möchte auf der Fährte einen motivierten Hund haben. Er soll konzentriert und unter Kontrolle sein, dabei aber aktiv und frei bleiben.
Patricia: Beschreibe bitte Dein Ausbildungsgrundkonzept. Wie fängst Du an?
SM: Ich arbeite die Fährte grundsätzlich mit Futter aus. Dabei nutze ich die Ressource Futter schon beim Welpen. Das heißt, dass ich sofort von Beginn an das Welpenfutter in die Wiese hinein trete. Der junge Hund soll durch die Bodenverletzungen sein Futter finden.
Ich achte von Anfang an darauf, dass nicht das Futter das auffällige ist, sondern dass der Fußtritt nach einem kleinen Stück Futter abgesucht werden muss.
Von Anfang an gut verstecktes kleines Futter
Ich werfe anfänglich auch ins Fährtenquadrat nicht allzu viel Futter. Ich verstecke einige Stück Futter. Der Hund soll dadurch lernen, über die Bodenverletzungen an sein Futter zu kommen.
Schon ein Welpe kann aktiv werden. Ich unterstütze ihn auch emotional, so dass Motivation beim Hund entsteht. Der junge Hund soll seine Erfüllung beim Erschnüffeln des Futters finden.
Patricia: Wie bald in der Ausbildung nimmst Du den Futterabbau in Angriff?
SM: Futter baue ich relativ spät ab. Ich möchte erstmal ein sehr genaues Suchen sehen. Das heißt, der Hund soll jeden einzelnen Schritt absuchen. Weil ich dem Hund sehr kleines Futter in die Schritte hinein lege, braucht es seine Zeit bis der Hund die Schritte nacheinander abgesucht hat. Ich kontrolliere ab dem ersten Tag, dass der Hund jeden Schritt annimmt und das Tempo gleich bleibend ist.
Erst später kommt Ablenkung in die Fährte
Wenn der junge Hund das verstanden und auch akzeptiert hat, bringe ich Ablenkung in die Fährte. Hier kommen verschiedenste Umwelteinflüsse zum Einsatz. Beispielsweise ein Training in der Nähe einer Hundewiese oder eine Wiese, neben der Kinder spielen. Ich versuche bei all dem, den Hund immer wieder mit seinem Futter aufzufangen.
Wenn die Ablenkung vom Hund akzeptiert wird, und er trotzdem weiter konzentriert und motiviert sucht, dann baue ich das Futter ab. So erspare ich mir häufige Probleme beim Futterabbau, weil der Hund auf die Umwelt reagiert.
Patricia: Hattest Du einen Lehrmeister? Was hat ihn aus deiner Sicht ausgezeichnet?
SM: Viel habe ich mir selber beigebracht. Einfach durch viel Fährten. Mein Mentor, von dem ich jedoch unheimlich viel lernen konnte, war Jürgen Essers.
Es war wirklich beeindruckend, mit welcher Ruhe und Hingabe er die Ausbildung für die Fährte lehrte und wie die Hunde dann auf ihn reagiert haben.
Patricia: Welche Probleme siehst Du am häufigsten auf der Fährte?
SM: Häufig ist es so, dass die Hunde sehr unkonzentriert sind. Sie suchen sehr oberflächlich und somit den Schritt nicht genau ab. Viele haben ein zu hohes Tempo. Dementsprechend ist auch die Winkelarbeit nicht optimal.
„Die Hunde ziehen oft schon aufgeregt zum Abgang“
Oftmals ist es schon ein Problem, dass die Hunde nicht konzentriert zum Abgang kommen. Sie sind oft aufgeregt und ziehen zum Abgang. Das spiegelt sich dann in einer hektischen und unkonzentrierten Fährtenarbeit.
Patricia: Hat ein Hund Dich bei der Fährtenarbeit schon mal an deine Grenzen gebracht?
SM: Ja, klar! Mein erster eigener Hund: mein erster Boxer. Ich war damals Anfänger und habe das nach alt hergebrachter Art und Weise gemacht. Das heißt, ich habe dicke Fleischwurststücke auf die Fährte gelegt. Später habe ich mich gewundert, dass der Hund beim Futterabbau unkonzentriert war. Der Grund dafür war, dass er immer nur nach Fleischwurst suchte. Er hat nie verstanden, dass er eigentlich die Schritte absuchen sollte. Die „alten“ Hundesportler meinten dann zu mir: „Du musst jetzt mit Zwang den Hund zum suchen bringen!“. Damit habe ich mir den Hund komplett versaut. Ich habe das auch nie wieder hingebogen bekommen.
Es war aber für eines gut: mir ist ein Licht aufgegangen. Das konnte nicht die richtige Art und Weise sein, wie man einen Hund auf der Fährte ausbildet.
Da began die Zeit, in der ich mich wirklich intensiv mit der Fährtenarbeit beschäftigte.
„Man bekommt große Probleme, wenn man den Hund nicht fair behandelt.“
Ich hatte verstanden, dass man große Probleme bekommt, wenn man den Hund nicht fair behandelt auf der Fährte. Weil eben ganz andere Triebbereiche als beispielsweise im Schutzdienst gefordert sind.
Patricia: Siehst du rassetypische Themen auf der Fährte? Du hast ja selber schon Boxer und Malinois geführt.
SM: Ja, der prädestinierte Hund für die Fährte ist meiner Meinung nach aus dem Gebrauchshundebereich der Schäferhund. Hier sieht man meist eine sehr gute Veranlagung bei der Nasenarbeit bei gleichzeitiger Ruhe.
Der Malinois kann auch gut suchen. Er neigt aber häufig bei bestimmten Umweltreizen zu Hektik.
Auch gibt es bestimmte Jagdhunderassen, die eine wahnsinnig gute Veranlagung haben. Durch meine Hundeschule habe ich schon die unterschiedlichsten Rassen ausgebildet, auch Pudel waren dabei.
„Der Schäferhund bringt die besten Voraussetzungen für die Fährte mit.“
Im Gebrauchshundesektor bleibe ich jedoch dabei, dass der Schäferhund die besten Voraussetzungen für die Fährtenarbeit mitbringt.
Patricia: Gibt es etwas für Dich ganz typisches beim Fährten? Was Du bei anderen nicht oft siehst?
SM: Das Rückwärtssuchen hat sich mittlerweile schon ein wenig rumgesprochen. Ich versuche dem jungen Hund/Welpen zu erklären, dass Futter unter seinem Bauch liegen könnte, wenn er vorne nichts mehr findet. An die entsprechende Stelle habe ich es natürlich kurz vorher hingelegt.
„Eine reine Technikübung für die Winkel“
Es handelt sich um eine reine Technikausbildung für die Winkel. Wenn der Hund gelernt hat, nur noch die Bodenverletzungen abzusuchen, auch wenn diese etwas über den Winkel hinausgehen, nutze ich diese Technik, damit der Hund wieder in die Fährte hineinfindet. Ich möchte kein Drehen haben, sondern eine Orientierung nach hinten. Dass der Hund unter seinem Bauch versucht, die Fährte wieder zu erschnüffeln und hinein zu kommen. Diese Technik benutze ich sehr häufig und lege sehr großen Wert darauf.
Ich kann mit dieser Technik auch das Tempo regulieren. Das heißt, ich kann dann auch immer wieder an den Hund herangehen. Ich kann ihm nochmals Ruhe geben, indem ich ihn berühre und über die Emotion leicht motivieren kann. So erreiche ich mein Ziel, einen emotional freien Hund auf der Fährte zu haben.
„Es ist eine gemeinsame Teamarbeit.“
Es soll sehr harmonisch sein zwischen dem Hundeführer und dem Hund. Es ist eine gemeinsame Teamarbeit.
Deswegen habe ich immer wieder die Ruhepunkte mit Depots, also größeren Mengen Futter, und dem Futterschmiss unter den Bauch.