In den letzten Jahren hat das Thema Zahnkappen, insbesondere in der Hundesportwelt, an Aufmerksamkeit gewonnen. Zahnkappen werden als Schutzmaßnahme oder als ästhetisches Accessoire betrachtet. Uns interessiert, was die Experten hierzu sagen.
K9andSports: Befürworten Sie den Einsatz von Zahnkappen?
Der Einsatz von Zahnkappen kann nicht empfohlen werden. Durch die Verwendung von Zahnkappen steigt das Frakturrisiko des versorgten Zahnes deutlich an. Der Unterkiefercaninus kommt im Diastema zwischen dem dritten Oberkieferschneidezahn und dem Oberkiefereckzahn zu liegen. Hier ist oft nur wenig Platz. Wird nun eine Schutzkappe eingesetzt, so kommt es sehr leicht zu unphysiologischen Kontakten der Schutzkappe zu dem dritten Oberkieferschneidezahn und dem Oberkiefereckzahn. Hier steigt einerseits das Frakturrisiko, andererseits wird der Zahnhalteapparat unphysiologisch belastet. Zudem sind solche Kontakte äußerst unangenehm für den Patienten. Hinzu kommt, dass das Parodontitisrisiko steigt, da sich durch die Schutzkappe eine Schmutznische bildet, in der Beläge besonders gut anhaften können.
K9andSports: Welche Risiken sind also mit dem Einsatz von Zahnkappen verbunden?
Durch den Einsatz von Zahnkappen wird die natürliche Zahnelastizität eingeschränkt und im Bereich der Basis der Zahnkappe ein Bereich geschaffen, der überproportional stark belastet wird. Im Falle einer Fraktur tritt diese an der Basis der Zahnkappe auf. Ein derart frakturierter Zahn kann nicht mehr funktionell erhalten werden.
K9andSports: Wie sollte ein frakturierter Zahn im besten Fall versorgt werden?
Falls wirklich, was nur sehr selten notwendig ist, eine prothetische Versorgung notwendig werden sollte, sollte eine fachgerecht durchgeführte Überkronung vorgenommen werden. Meist ist dies bei Zähnen erforderlich, die sehr tief frakturiert sind, so dass der Eckzahn nicht mehr funktionell ist. Ist die verbliebene Zahnstumpfhöhe geringer als die Höhe des dritten Schneidezahnes, so kann kein ordentlicher Griff mehr erreicht werden. Wichtigster Punkt ist jedoch die erfolgreiche Versorgung des frakturierten Zahnes mittels Wurzelkanalbehandlung!
Bei der Überkronung wird nach der Präparation des betroffenen Zahnes ein Abdruck des Zahnstumpfes sowie des Kiefers genommen. Somit können die Platzverhältnisse im Diastema beim Kronendesign durch den Zahntechniker berücksichtigt werden und unphysiologische Kontakte zu Nachbarzähnen vermieden werden. Die Präparation des frakturierten Zahnes ist im Wachzustand allerdings nicht möglich. Abzulehnen sind in diesem Zusammenhang auch zahnverlängernde Maßnahmen, da hier das Frakturrisiko überproportional steigt. Ziel einer Überkronung ist in der Regel die Wiederherstellung der Dienstfähigkeit bei tief frakturierten Canini. Hierzu sollte die Höhe des überkronten Caninus die Höhe des 3. Incisivus erreichen. Die Prognose ist hier bezüglich Zahnerhalt eher vorsichtig. Ansonsten sind die aktuell in der Tierzahnheilkunde eingesetzten Füllungsmaterialien so überzeugend, dass auf eine Überkronung normalerweise verzichtet werden kann.
K9andSports: Ich verstehe Sie richtig, wenn ich jetzt annehme, dass Zahnkappen prinzipiell abzulehnen sind?
Zu unterscheiden ist zwischen einer prothetischen Versorgung eines frakturierten Zahnes nach erfolgreicher Wurzelkanalbehandlung durch einen Tierzahnarzt. Dabei handelt es sich um die „Überkronung“ eines Zahnes. Es gibt aber auch Metallkappen, die von einem Laienbehandler auf die Zähne geklebt werden. Solche Metallkappen schaden mehr als sie nützen. Der Hundezahn ist von Natur aus so widerstandsfähig, dass die Verwendung von Metallkappen nicht notwendig ist. Bei Verhaltensauffälligkeiten, wie z.B. Käfigbeißen, sollte versucht werden, die Ursache des Fehlverhaltens abzustellen. Materialien, die in Ausbildung und Training verwendet werden, sollten so beschaffen sein, dass übermäßiger Zahnabrieb vermieden wird.
K9andSports: Es gibt trotzdem einige Hunde mit solchen Zahnkappen.
Man hat den Eindruck, dass das Interesse an Zahnkappen deshalb so groß ist, weil es für die Besitzer „cool aussieht“. Dies ist jedoch ein kosmetisches Argument, das noch dazu mehr schadet als es nützt!
Dr. Martin Florian Buck ist 2005 in eigener Praxis in Rottenburg an der Laaber. Dr. Buck bietet das komplette Spektrum der Zahnmedizin und Kieferchirurgie an, d.h. neben der Gesunderhaltung der Maulhöhle und der Zähne auch Diagnostik und Behandlung von Zahnfrakturen (Zahnerhalt mittels vitaler Pulpentherapie, Wurzelkanalbehandlung, Wurzelspitzenresektion, Prothetik, einfache und chirurgisch Extraktionen), Parodontalbehandlungen, kieferorthopädische Behandlungen; Kieferchirurgie (Behandlung von Kieferfrakturen, Entfernung von Tumoren, Behandlung von Kiefergelenkserkrankungen, Behandlung von Speicheldrüsenerkrankungen, Zahnfleischchirurgie) sowie die Behandlung der felinen chronischen Gingivostomatitis.