Seit 1991 bin ich Vizepräsidenten des VDH und u.a. zuständig für den Gebrauchshundesport. Damit einhergehend begleitet mich die Sorge, wie lange wir unseren Hundesport noch durchführen können.
Wir brauchen die Selektion der Gebrauchshunde in mehrfacher Hinsicht: zum einen als Basis für den Dienstgebrauch bei den Behörden. Aber genauso zur Auslastung unserer Gebrauchshunde, die in Familien leben.
Als mir K9andSports erstmalig vorgestellt wurde, war ich überzeugt davon: das ist ein Weg! Dass wir, die Gemeinschaft aller IGP-Sportler, in eine Richtung gehen, hat offensichtlich auch andere überzeugt. Denn ansonsten könnte ich mir nicht vorstellen, dass nach so kurzer Zeit das Highlight eingetreten ist: Zusammenarbeit mit den diensthundehaltenden Behörden! Etwas, was wir 20 Jahre hervorragend miteinander praktiziert haben, aber dann eingestellt wurde. Auch alle unsere Rassezuchtvereine und Hundesportverbände gehen diesen Weg mit: denn – genau wie wir – wissen sie alle: nur GEMEINSAM sind wir stark.
Wir brauchen die Zuchtveranlagungsprüfung, die Körung bis hin zum IGP Sport. Nur so kann man für die Diensthundeführer die Eigenschaften, die sie für ihre Hunde benötigen, selektieren und sicher stellen.
Ich kann nur hoffen, dass wir die Politiker und Tierschützer überzeugen können, dass IGP Sport mit seinen drei Abteilungen das Richtige für unsere Hunde ist. Denn der Sport bietet die Selektion unter Wettkampfbedingungen als Basis für die Gebrauchshundezucht.
Ich hoffe und wünsche, dass wir das Ziel erreichen, alle gemeinsam in diese Richtung zu gehen. Ich drücke uns allen die Daumen: denn es ist fünf vor 12!
Ich begrüße den Schulterschluss mit unseren Partnern der Behörden sehr und unterstütze die Argumentation vorbehaltlos.
Aber ist es wirklich “nur” das? Lässt sich daraus eine Existenzberechtigung für all die Züchter und Ausbilder ableiten? Außenseiter könnten die Frage aufwerfen, was mit all den gezüchteten “vermeintlichen Diensthunden” passiert und so könnte die Argumentation in eine missverständliche Richtung abdriften.
Folgt das Ganze keinem unvergleichlich größerem Selbstzweck? Was ist mit all den Welpen die ich an “Privathaushalte” verkauft habe und die in keiner sog. Beißstatistik auftauchen? Die Frau, die mich gestern anrief und berichtete, dass ihre Hündin sie beschützte, ohne dass jemand dabei zu Schaden gekommen wäre, als eine zwielichtige Gestalt auf dem Waldweg in der Dämmerung mit aggressiver Körpersprache forsch und direkt auf sie zu kam und die natürliche Sozialdistanz rüde missachtete,, ihr große Angst machte? Die gleiche Hündin, die mit zu den Pferden geht und abends zärtlich mit der Katze im Korb kuschelt? Was ist mit meinen Kindern, die durch meine im Hause lebende Hündin so selbstsicher und gut geerdet aufwuchsen, weil sie sich immer, aber auch in unserer Abwesenheit geborgen und beschützt fühlten, ohne dass je einem erwünschten oder unerwünschten Besucher ein Haar gekrümmt worden wäre? Was ist mit all den Freizeitaktivitäten mit unseren Hunden in Laienhand und deren Gesundheits- und Sozialeffekten auf die Bevölkerung?
Was ist mit dem deutschen oder belgischen, etc. “Kulturgut”, das zum Exportschlager wurde, um das uns die ganze Welt beneidet und auf das wir eigentlich stolz sein sollten? Diese Gebrauchshunde sind doch nicht als “Kampfmaschinen” so beliebt geworden, sondern als zuverlässige Sozialpartner mit unübertroffenem Freizeitwert!
Und was ist mit dem Vereinsleben in all den Hundesportvereinen? Gemeinsame Outdooraktivitäten bei jedem Wetter, zu jeder Jahreszeit (und Indoor-Geselligkeit) haben einen hohen sozialen und gesundheitlichen Wert, was besonders durch die Corona-Lockdowns und deren Spätfolgen, insbesondere für Kinder, deutlich wurde.
In einer geschlossenen Rassetierpopulation wird der Gesundheitszustand der Tiere mit jeder Generatiion schlechter und endet langfristig zwangsläufig im Krankheitschaos (die Tierarztpraxen sind bereits gut gefüllt, soweit sich die Leute das noch leisten können), WENN nicht Gebrauchsselektion betrieben wird. Daraus folgt, dass Hunde, die die größten körperlichen Anstrengungen erbringen wollen und auch können, auch über die größte physische Gesundheit verfügen. Allen voran die Alaskan Huskies (zwar keine offizielle Rasse, aber trotzdem ein überschaubarer Genpool), selektiert über den Yukon Quest, etc, Ebenso verhält es sich mit der Intelligenz und der Zuchtselektion z. B. über Hütemeisterschaften (z.B. Border Collies). Im IGP-Bereich haben wir einen hohen Selektionsdruck auf Gesundheit und Intelligenz, sowie auch auf das Riechvermögen (Fährte), züchten also echte Allrounder. Allein die Tatsache, dass wir gesunde und intelligente Hunde züchten, macht schon einen hohen Gemeinnützigkeitswert aus, und zwar nicht nur für “unsere” jew. Rassen. Der “gesunde Genpool” würde ja auch langfristig anderen degenerierten Rassen zum Blutausgleich zur Verfügung stehen.
Ich bin mir sicher, dass sich im Brainstorming noch weitere gute Argumente finden lassen. So z. B. weitere Einsatzbereiche außerhalb der Behörden wie z. B. als RH. So war in der Bergrettung der Bernhardiner seit längerem bereits von Gebrauchshunderassen abgelöst worden (schade drum, aber so funktioniert auch die Evolution) – weil unsere Allrounder-Selektion selbst der spezialisierten Bergrettungsselektion in deren ureigener Kernkompetenz überlegen war. Analog dazu sind in der Wasserrettung möglicherweise mehr Gebrauchshunderassen als Neufundländer anzutreffen. Usw.
Ohne die Gebrauchshundezucht mittels IGP-Selektion wird auch der Drang zu exotischen und vermeintlich gesünderen Tieren noch weiter verstärkt – Tiere die oftmals für die Familienhaltung völlig ungeeignet und gefährlich sind. Ich kenne zahlreiche Beispiele, in denen Besitzer derartiger Hunde, teils mit mir bekannten Beißunfällen, in Anbetracht unserer Arbeit und Hundequalität zu Gebrauchshunderassen zurückgekehrt sind und damit die Gesellschaft deutlich sicherer gemacht haben. Eines dieser Beispiele sitzt m. W. mit Ihnen am Tisch…
👍🏻🐕🤝
I do understand most of this great writing, but think that a english version would be in it’s place also 😊