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Wissenschaft, Zucht und Hundesport: ein Interview mit Erin O’Shea

Erin O`Shea, K9andSports Botschafterin: Hundesportlerin, Präsidentin des Howard Hughes Institutes, ehemalige Harvard Professorin und Züchterin

K9andSports: Auf der Gebrauchshunde-WM sehen wir sehr viele Malis und Schäferhunde. Wie stehst Du zu den zwei Rassen?

Bei beiden Rassen bewundere ich den Arbeitswillen. Schäferhunde sind nach meiner besonders stark im Fährten, verbellen und haben ein ganz stabiles Temperament. Malinois glänzen dafür mit ihrer Geschwindigkeit. Sie haben weniger Probleme mit der Gesundheit und es ist leicht, sie „anzuschalten. Das sind natürlich Verallgemeinerungen: es gibt auch Schäferhunde mit diesen Eigenschaften und umgekehrt. Mein eigener DSH entspricht z.B. eher dem von mir gezeichneten Bild des Malis.  

 

K9andSports: Du hast selber einen Zwinger: „Von der Beizjagd“. Worauf achtest Du am meisten? Was sind Deine Zuchtziele?

Uns sind Trieb, Temperament und die Gesundheit am wichtigsten. Und wir züchten nur, wenn wir einen Welpen für uns behalten möchten. Ich achte auf den Körperbau und das Gangwerk und den DM-Test. Wir schließen Hunde mit Allergien von der Zucht aus und nehmen nur Hunde mit einer gesunden Wirbelsäule, ohne Übergangswirbel. Bei der Auswahl der Deckrüden achten wir natürlich auf im Sinne des Gebrauchshundes erprobte Blutlinien.

 

K9andSports: Man sieht immer wieder, dass Schäferhunde Probleme mit der 1-Meter-Hürde haben. Warum?

Viele Schäferhunde sind das meiner Meinung nach nicht. Und die Schäferhunde, die ein Problem haben, haben nur teilweise gesundheitliche Probleme. In manchen Fällen liegt es schlicht und einfach am Training.

K9andSports: Sind die erfolgreichen Schäferhunde heute anders als die erfolgreichen Schäferhunde vor 10 Jahren?

Die erfolgreichen Hunde heute sind führiger. Sie sind leichter zu kontrollieren, bringen aber dennoch viel Trieb mit. Meiner Meinung nach entspricht das genau dem, was wir brauchen.

 

K9andSports: Verkauft Ihr Welpen Eures Zwingers an die Polizei oder das Militär oder gebt Ihr sie nur an private Händler?

Wir verkaufen keine Welpen an Polizei oder Militär. Das liegt aber nur daran, dass ich keine dahin gehenden Verbindungen habe. Ich würde sogar sehr gerne Hunde für Polizei und Militär züchten und einige Züchter, die auf meinen Vegas von der Burg Hinte zurück gegriffen haben, haben auch Diensthunde hervor gebracht.

 

K9andSports:  Du bist Botschafterin bei K9andSports. Warum hast Du Dich dafür entschieden?

Ich habe mich für den Beitritt und die aktive Arbeit bei K9andSports entschieden, weil ich davon überzeugt bin, dass Schutzsportarten wichtig sind, um die Arbeitsqualitäten unserer Gebrauchshunde zu erhalten. Wir brauchen diese Hunde natürlich für den Sport, aber vor allem werden Hunde mit guten Eigenschaften für den Dienst gebraucht: ob bei Militär, Polizei oder anderen Organisationen.  

 

K9andSports: Hinter erfolgreichen Hundeführern steht oft ein gut organisiertes Team. Mit wem trainierst du?

Ich habe in der Tat das Glück, ein tolles Team hinter mir zu haben! Mein Mann, Doug Jeffery, unterstützt mich beim Training und bei den Wettkämpfen. Außerdem trainieren wir mit Marko Koskensalo und Sarah Prelle und ich nutze die Canemo-Videos. Meinen aktuellen Hund habe ich auch mit Mike Sweeney und T. Floyd trainiert und sie beide haben viel zu unserem Stand im Schutzdienst beigetragen.  

 

K9andSports:  Erin, Du bist Wissenschaftlerin, warst als Professorin in Harvard tätig und leitest heute das Howard Hughes Institut. Das ist mehr als außergewöhnlich! Was genau tust Du?

Ich bin in der Tat Wissenschaftlerin und leite ein Forschungslabor, in dem wir Gliazellen untersuchen – Zellen im Gehirn, die eine wichtige Rolle bei der Gestaltung der Funktion von Neuronen spielen. Ich war 20 Jahre lang Professorin und bin seit 2013 in Führungspositionen am Howard Hughes Medical Institute (HHMI). HHMI ist die größte biomedizinische Philanthropie in den USA und unterstützt die biomedizinische Grundlagenforschung. Seit 2016 bin ich dort Präsidentin.

 

K9andSports:  Kommen wir auf die Kritik zu sprechen, die am IGP Sport gerne mal ausgeübt wird. In Abteilung C würden die Hunde unnötig aggressiv gemacht, der Druck auf die Hunde sei zu hoch. Was sagst Du dazu?

Wir suchen heutzutage ja Hunde, die sicher und mit Selbstvertrauen auf dem Platz und im Alltag auftreten. Solche Hunde werden nicht unnötig aggressiv gemacht. Und das Training ändert sich immer mehr mit dem Ziel, weniger Druck an die Hunde weiter zu geben.  Unterstützt wird das von Richtern, die Punkte ziehen, wenn sie eine Ausbildung mit Druck am Hund zu erkennen glauben oder wenn es dem Hund an Selbstvertrauen mangelt. Das ist übrigens aus meiner Sicht genau die Richtung, in die der Sport gehen soll.

 

K9andSports:  Kontrovers diskutiert wird auch der Stockschlag im IGP. Findest Du es schlimm, dass die FCI den Stockschlag abgeschafft hat?

Ja, das ist mehr als verhängnisvoll. Der Stockschlag dient der Beurteilung der Qualitäten eines Gebrauchshundes. Ohne eine körperliche Komponente lassen sich die Eigenschaften eines Gebrauchshundes nicht vollumfänglich überprüfen. Ein guter Diensthund für Polizei und Militär muss körperlichem Druck standhalten können und genau das haben wir mit dem Stockschlag überprüft.

 

K9andSports:  Erin, danke, dass Du Dir die Zeit genommen hast für die Beantwortung der Fragen. Wir wünschen Dir ganz viel Erfolg bei der FCI IGP WM und freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit!

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